Wer schafft den Durchbruch? (Bild: Al ghazali/Unsplash)

Was verdient ein Fintech-Gründer?

Sie arbeiten viel und warten auf den großen Exit – aber wie hoch sind die Gehälter der Fintech-Gründer auf dem Weg zum Erfolg eigentlich? Wir haben uns bei Gründern und Wagniskapitalgebern umgehört.

Manche Erhebungen sind Schrott, für diese Einsicht braucht es manchmal nur einen kurzen Augenblick. So ermittelte vor einigen Tagen das Jobportal Adzuna den „Marktwert“ von bekannten Gründern wie dem N26-CEO Valentin Stalf.

Dafür speiste das Unternehmen die Lebensläufe der 100 erfolgreichsten deutschen Gründer in eine Datenbank ein, die 50.000 anonymisierte CVs und die dazugehörigen Gehaltsdaten verknüpft. Das Ergebnis: Stalf, dessen Startup N26 mit mehreren Milliarden Euro bewertet ist, würde auf dem freien Markt – wenn er einen neuen Job antrete – ein potentielles Jahresgehalt von 65.000 Euro erhalten. Sein Mitgründer Max Tayenthal würde laut der Erhebung immerhin auf 97.000 Euro kommen, heißt es.

Dass die Zahlen Quatsch sind, ist sofort klar, dafür muss man kein Headhunter sein. Viele Banken würden wahrscheinlich ein Vielfaches an Geld in die Hand nehmen, um die beiden N26-Gründer an Bord zu holen – allein für die Signalwirkung.

Es sei einmal dahingestellt, ob die Adzuna-Auswertung nun wirklich ernst gemeint war oder es sich um einen PR-Gag handelt (wenn ja – nicht schlecht, bei uns hat er gezündet). Dahinter steht aber eine spannende, andere Frage: Wie viel verdient ein Fintech-Gründer eigentlich bereits heute?

Das Problem: Die Frage ist so ganz einfach gar nicht zu beantworten. Über Geld spricht man in Deutschland nicht, übers Geldverdienen noch weniger. Aber wer sich im Hintergrund bei Gründern und Wagniskapitalgebern umhört, der kann einiges herausfinden – und einen spannenden Trend ausmachen:

Welche Gehälter sind üblich?

Noch vor einigen Jahren herrschte unter Investoren die Auffassung, Gründer müssten „hungrig“ bleiben. Das heißt: Sie sorgten dafür, dass Unternehmer bei geringen Fixgehältern auf einen großen Exit zuarbeiteten, bei dem sie dann auscashen konnten. Und sie passten auf, dass die Gründer auf dem Weg dahin nicht zu viel an Urlaub oder Wohnungskäufe dachten. Die Möglichkeit dazu hat ein VC in der Regel: Mit anderen Gesellschaftern segnet er die Gründergehälter am Ende ab.

Mittlerweile hat sich diese Einstellung verändert, auch, weil Gründer heute eine bessere Verhandlungsposition haben. Bei gutlaufenden Startups müssen sich die Wagniskapitalgeber bewerben, um investieren zu dürfen (früher war es umgekehrt). So hat sich die Macht zumindest bei einigen Startups in Richtung der Gründer verschoben.

In frühen Phasen eines Startups herrschen aber immer noch niedrige Gehälter vor. Die N26-Gründer zahlten sich zu Beginn sogar überhaupt kein Gehalt aus, wie das erste Pitchdeck des heutigen Unicorns zeigt. Doch ab der Series-A-Finanzierung, in der Wachstumsphase, erhalten geschäftsführende Gründer nicht selten bereits um die 100.000 Euro pro Jahr, sagen mehrere Szenekenner. Das ist schon mehr als etwa 96 Prozent der deutschen Bevölkerung verdienen.

Ab der Series B, der nächsten starken Wachstumsphase, ist es dann üblich, mindestens sechsstellig zu verdienen, heißt es von den Branchenkennern. „In den USA bekommt jeder Hanswurst schon 100.000 Dollar“, sagt einer, der im Management mehrerer US-Startups gearbeitet hat. Natürlich dürfte es Abweichungen geben, aber ab einer bestimmten Entwicklungsphase verdienen Gründer auch in Deutschland sehr einträglich. 150.000 bis 200.000 Euro pro Jahr sind nicht ungewöhnlich. Die Chefs tragen dann meist schon eine hohe Verantwortung über zahlreiche Mitarbeiter und die Millionen der VCs.

Wann darf man auscashen?

Durch die starke Verhandlungsposition und das viele Geld im Markt ist es mittlerweile auch üblich, dass Gründer bei Finanzierungsrunden einen Teil ihrer Anteile verkaufen können und nicht erst beim Exit. Solche sogenannten Secondary-Transaktionen gab es jüngst etwa bei Revolut und Transferwise im Zuge großer Investmentrunden. Die Gründer „nehmen einen Teil vom Tisch“, heißt es dazu in der Branche. Ein besonders extremes Beispiel war zuletzt Wework-Gründer Adam Neumann, der so vor dem geplanten IPO seines Bürovermieters mehr als 700 Millionen Dollar auscashen konnte. Es ist möglich, dass sich damit die Stimmung und Gepflogenheiten im Markt wieder etwas ändern.

Bei frühphasigen Startups sind Secondaries ohnehin weiterhin unüblich – Investoren würden solche Deals als Zeichen deuten, dass ein Gründer nicht mehr an sein Unternehmen glaubt.

Wie viel Geld erhalten die Gründer bei Company Buildern?

Bei Company Buildern wie Rocket Internet oder Finleap steigen oft Gründer ein, die bereits Berufserfahrung mitbringen, um ein bestimmtes Venture aufzubauen. Sie kommen dann etwa von Beratungen oder Banken – und lassen sich nicht mit einem geringen Gehalt abwerben. Weil sie oft nur einen kleineren Anteil an dem Unternehmen erhalten, fällt ihr Gehalt auch gleich zum Start des Unternehmens in der Regel höher aus. 100.000 bis 150.000 Euro in Kombination mit einem einstelligen Prozentsatz der Unternehmensanteile ist üblich, heißt es von Insidern.

Wie viel verdient Valentin Stalf?

N26 gibt dazu keine Zahl heraus. Als privat gehaltenes Unternehmen muss es das natürlich auch nicht. Ein Anhaltspunkt könnte sein, auf das Gehalt von Gründern zu schauen, die ein vergleichbares Unternehmen leiten – gemessen an Funding und Größe. Der Bundesanzeiger weist für die Reiseplattform Getyourguide für das Jahr 2017 (die neuesten Zahlen) aus, der Vorstand – bestehend aus drei Leuten – habe insgesamt 453.000 Euro verdient, zusätzlich gab es Anteilsoptionen. Das macht pro Person 150.000. Mittlerweile sind beide Unternehmen bereits in die nächste Wachstumsphase eingetreten – und die Gehälter dürften mutmaßlich noch einmal gestiegen sein.